Potato Dreams of America

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Inhalt: "What would Jesus do?" Was würde Jesus tun - in der UdSSR, Mitte der 1980er-Jahre? Für Kinder im jungen Schulalter des kleinen Vasili, der von seiner Mutter Lena liebevoll "Potato" genannt wird, gibt es wahrscheinlich näherliegende imaginative Freunde als den Sohn Gottes. Vor allem wenn dieser Jesus recht feminin „rüberkommt“ und vorzugsweise vor dem Fernseher auf der Couch rumlümmelt, um sich Potatos Fragen über die Zukunft zu stellen. Für Potato und seine Mutter Lena, die sich als Ärztin um die Gefangenen eines Gulags kümmert und sich um Potatos Zukunft sorgt, wird es in den turbulenten Jahren der Perestroika zunehmend ungemütlich. Täglich flüchten sich Mutter und Sohn in die Fantasiewelt von Filmen, die vom großen amerikanischen Traum erzählen. Als besonders anregend stellen sich für den seine Homosexualität entdeckenden Potato die "Muscles from Brussles" heraus: Action-Star Jean-Claude van Damme. Bald reichen Mutter und Sohn die Filme als sicherer Zufluchtsort nicht mehr aus, und sie beschließen, nach Amerika auszuwandern. Und das mit Erfolg: Es dauert nicht lange, bis Potatos Mutter „als Katalogbraut“ einen Mann aus den USA kennenlernt. Dumm nur, dass der neue US-Papa in Sachen Toleranz auch nicht das Gelbe vom Ei ist, was das Coming-out von Potato nicht gerade vereinfacht. In seinem autobiografischen, vielfach ausgezeichneten Kurzdokumentarfilm "Little Potato" erzählte Regisseur Wes Hurley bereits von seinem eigenen Leben, der Flucht in die USA und vom neuen Partner seiner Mutter. Hurley wurde in Wladiwostok geboren und wusste bereits als noch in der Sowjetunion lebender Schüler, dass er schwul ist. Seine Dramödie sprüht nur so vor erzählerischem Einfallsreichtum und teilt sich dabei in zwei kontrastierende Erzählteile auf: die UdSSR auf der einen, die USA auf der anderen Seite. So unterschiedlich sich die unterschiedlichen Leben in diesen beiden Teilen der Welt auch anfühlen mögen, gemeinsam ist ihnen das Gefühl der Ausgeschlossenheit, das dem jungen Mann aufgrund seiner Homosexualität vermittelt wird. Hinreißend liebenswert erzählt Wes Hurley von einem schwierigen Doppel-Coming-out, räumlich und sinnbildlich, und unternimmt dabei einen spannend innovativen Angang des Coming-of-Age-Genres - unterstützt von einem prächtig aufspielenden Ensemble! "So changiert der Film ästhetisch zwischen Off-Theater und Sitcom, Ed Wood, Woody Allen in seiner 'Annie Hall'-Phase und Gregg Araki, zwischen Satire und Melodram und politisch zwischen schlagfertiger Kritik an Dogmen aller Couleur und striktem emanzipatorischem Impuls im Gewand einer theatralischen Sitcom mit erstaunlichen Camp-Anteilen. Am Ende ist es Potato leid, jedem Liebhaber stets aufs Neue erklären zu müssen, was es denn mit seinem 'sexy' Akzent auf sich habe, und entschließt sich stattdessen, seine Geschichte zu verfilmen. Mit den Dreharbeiten dazu endet der Film." (Ulrich Kriest, in: Filmdienst)