Als wir tanzten

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Inhalt: Merab ist Student an der Akademie des Georgischen Nationalballetts in Tiflis. Sein größter Traum ist es, professioneller Tänzer zu werden. Als Irakli neu in die Klasse kommt, sieht Merab in ihm zunächst einen ernstzunehmenden Rivalen auf den ersehnten Platz im festen Ensemble. Aus der Konkurrenz wird bald ein immer stärkeres Begehren. Doch im homophoben Umfeld der Schule, in der konservative Vorstellungen von Männlichkeit hochgehalten werden, wird von den beiden erwartet, dass sie ihre Liebe geheim halten. *** „Es reicht!“, herrscht der strenge Tanzlehrer seinen Schüler an, aber für Merab reicht es noch lange nicht. Er kann und will nicht aufhören zu tanzen, dafür stehen sein Körper und seine Seele viel zu sehr unter Anspannung. Später erklärt ihm sein Lehrer, dass im georgischen Tanz kein Platz für Schwäche sei, aber der junge Tänzer ist nicht schwach. Leidenschaftlich hart trainiert er, um ins Ensemble des Nationalballetts aufgenommen zu werden, wobei sein Gesicht vor Glück strahlt, wenn er tanzt, bevor es im nächsten Moment Merabs Enttäuschung spiegelt, wenn ihm die Anerkennung verwehrt wird. Ständig schwebt das übermächtige Gespenst der Tradition durch den Tanzraum, aber auch durch Merabs gesamtes Leben. Nicht nur der georgische Nationaltanz duldet keine Abweichung, keine Individualität, wie also kann Merab leben, wie lieben im ständigen Konflikt zwischen Befreiung und Anpassung? Vor allem, wenn man unsterblich In einen Mitschüler verliebt ist? Regisseur Levan Akin wurde 1979 als Kind georgischer Auswanderer in Schweden geboren, mit „Als wir tanzten“ spürt er seinen Wurzeln nach und zeigt eindrucksvoll, wie schwer Geschichte und Gegenwart in Georgien in Einklang zu bringen sind. Wenn die kulturelle Identität tatsächlich eine Frage des Überlebens ist, so Akin, sei es umso wichtiger zu zeigen, dass man Traditionen auch bewahren kann, wenn man sich neuen Wegen öffnet. „In Georgien gibt es drei Dinge“, sagt er, „die als Inbegriff der Tradition und der nationalen Identität hochgehalten werden: die Kirche, der traditionelle mehrstimmige Gesang und der traditionelle Nationaltanz.“ Einmal lauscht Merab in trauter Runde tief bewegt einem solchen Gesang, und es ist kein Zufall, dass er kurz danach in einen saftigen Granatapfel beißt, jenes mehrdeutige Symbol für Leben und Fruchtbarkeit, aber auch für Macht, Blut und Tod. Entsprechend geht es in „Als wir tanzten“ um weit mehr als „nur“ ums Tanzen. Es geht um den bedrohlich schwindenden Zusammenhalt einer auseinanderdriftenden Gesellschaft, die ihre Identität und Menschlichkeit aufs Spiel setzt, wenn sie auf Konfrontation baut und einer tief wurzelnden Homophobie Vorschub leistet. Akin argumentiert mit den subtilen Mitteln einer Filmkunst, die nie spaltet, vielmehr auf Respekt, Verständigung und Aussöhnung vertraut. Wer sehen will, kann in seinem Film alles sehen: die Schönheit des klassischen Tanzes ebenso wie das tiefe Glück des persönlichen tänzerischen Ausdrucks, die leidenschaftliche Liebe zweier junger Männer, ihre schwärmerische Sehnsucht, die niemanden verletzen, sich aber nicht verstecken will. Meisterhaft verbindet der Film Chiffren sozialer wie privater Befindlichkeiten, die sich vielfach in Worten und Gesprächen, Gesang und Tanz überlagern, aber auch in Momenten tiefer Stille und Trauer ihren Ausdruck finden. So ist „Als wir tanzten“ ein bewundernswert aufrichtiger Film über die Bedeutung, frei zu sein. *** "Der Film plädiert dabei mit filmischen Mitteln überzeugend für einen Mix aus Liberalität und Respekt vor einer Tradition, so selbstbewusst und produktiv, dass individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und Freiräume zugelassen werden können." (Ulrich Kriest, auf: filmdienst.de) "Der Titel ist Programm, es wird getanzt, in großen Sprüngen müssen junge Männer aus der Hocke in die Höhe, Schultern zurück, Kopf und Arme elegant gestreckt - Wucht und Grazie lösen sich ab. Es ist die Körperlichkeit, die atemlos macht in der Inszenierung von Levan Akin, die Anstrengung der Tänzer, die man spürt; und es ist die Ästhetik, mit der die Schönheit dieser Bewegung ins Bild genommen wird." (Doris Kuhn, auf: sueddeutsche.de)