A Pile of Ghosts

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Inhalt: Die Immobilienmaklerin kurvt auf einem Golfcart durch die weitläufige Spekulationslandschaft und addiert Namen, Zahlen und Produkte: Ocean Boulevard, Central Beach Road, Lakeside Club, 250 000 qm, frisch gepflanzte Hecken, rutschfeste Fliesen, Themenclubs und Angelstellen, ein Kinderspielplatz, drei Schwimmbäder, eine Klinik, ein Hotel, ein Schönheitssalon für Haustiere. Die Vermarktungstour hat etwas von einer Performance, deren Wortmaterial durch verschiedene Körper und Objekte zirkuliert. „Innovation ist die Seele, Technologie macht die Stadt“, ist auf einer gigantischen Plakatfläche zu lesen, und ein Betonmischer verspricht: „Bauen mit Herz“. Da ist es nur konsequent, wenn sich in Ella Raidels filmischer Erkundung chinesischer Geisterstädte auch eine Schauspielerin anpreist wie die allerneueste Ware: „Mein Name ist Box. Ich bin 1,63 m groß und wiege 46 kg ... Eine Schauspielerin sollte wie eine Büchse sein ... Wir müssen der Regisseurin geben, was sie will.“ Raidels Film, der den vorläufigen Abschluss ihres umfangreichen Rechercheprojekts "Of Haunted Spaces" bildet, macht die kulissenhafte Eigenschaft der Schauplätze zum Ausgangspunkt eines Vexierspiels. "A Pile of Ghosts" zeigt Bauarbeiter*innen und Immobilienmakler*innen bei der Arbeit – in authentischen wie gestellten Settings, in Casting-zenen und in wechselnden Rollen. Die so genannte Wirklichkeit stellt sich dabei als zunehmend porös heraus, immer öfter auch zeichnen sich in die retortenhafte Umgebung harte Bruchlinien hinein. Auf einem Baustellengelände findet sich die Anweisung, nicht hinter das Gebäude zu „scheißen“. Und im baufälligen „Swallow Hotel“ in den Hügeln von Chongqing trotzt der dandyeske Hotelbesitzer Charles bei anhaltendem Baulärm dem turbokapitalistischen Urbanisierungsprozess. "Tote Neubauten und Ruinen, Makler*in und Schauspieler*in, Dokumentation und Fiktion, Simulation und gelebte Erfahrung, das Geräusch eines Presslufthammers und die romantische Melodie eines alten Hollywoodfilms: 'A Pile of Ghosts' schichtet die scheinbar disparaten Bausteine zu dem titelgebenden 'Haufen". Am Ende übernimmt eine Gespenstergeschichte die andere." (Esther Buss)